Frankfurt 2008
Kundgebung der Palästinensischen Gemeinde in Hessen
am 31.12.2008, Hauptwache Frankfurt/M.
Redebeitrag von Pfarrer Dr. Ingo Roer
Ich spreche für den Arbeitskreis Palästina-Israel in der
Christus-Kirche Frankfurt/M.
Ich bin kein Palästinenser. Dennoch drängt mich die Situation für die
Menschen in Gaza öffentlich um Gerechtigkeit und Frieden zu bitten. An
wen kann ich mich wenden?
Ich bin ein Deutscher und ein Pfarrer. Als Deutscher werde ich mich
nicht nur einfach schämen für die Regierung meines Landes, sondern ich
bitte um Verständnis für das machtlose, von zu vielen Menschen
verlassene, verurteilte, geschundene Volk in Gaza. Wen muss ich bitten?
Meine Kirche, die Regierung, meine Landsleute? Alle?
Ich könnte mich nicht mehr als Mensch sehen, wenn ich Menschen als
„Hamas“ etikettierte, um sie wie Tiere zu schächten und zu schlachten.
Ich sehe mich als Mensch, wenn ich um das Leben bitte für die gequälten,
beraubten Frauen und Kinder in Gaza.
Als Pfarrer fühle ich mich, wenn ich Gott um das bitte, was unter
Menschen unmöglich zu sein scheint, einander die allgemeinen
Menschenrechte zu gewähren bzw. die zehn Gebote zu halten.
Und wenn dieser Gott fragt: „Wo warst Du, Adam, das heißt Mensch, als
Deutsche die Juden ermordeten?“, dann kann ich sagen: „Ich lernte damals
erst laufen und die menschliche Sprache.“
Und wenn dieser Gott heute fragt: “Wo wart Ihr, als Israelis die
Palästinenser in Gaza ermordeten?“
Wenn meine Enkelin fragt:“ Warum waren es so wenige, die gegen die
Vernichtung der Palästinenser in Gaza protestierten?“
Wenn die Regierenden nach dem Massaker fragen: “Liebe Mitbürgerinnen
und Mitbürgern, warum habt Ihr so leise widersprochen?“
Dann können wir hier sagen: „Wir haben angefangen, bei einander zu
stehen bei denen, die ihre Kinder verloren haben, bei denen, denen ihre
Männer und ihre Frauen ermordet worden sind, denen die Heimaterde
geraubt oder zerstört worden ist.
Wir haben vielleicht zu leise gesprochen, aber wir haben gesprochen.
Den Mächtigen und den Ohnmächtigen ß Verschiedenes gesagt und
abverlangt werden, soll unter ihnen Gemeinschaft und nicht Gewalt
herrschen. Führen die Krieg, die mit keiner Gegenwehr rechnen müssen?
Oder morden sie? Das müssen wir der Öffentlichkeit bezeugen.
Noch sein wir vielleicht zu wenige, dass man uns hören müsste. Aber
die Sonne der Gerechtigkeit scheint auf Starke und Schwache und bringt
die Schwäche der Starken und das Recht der Schwachen an’s Licht.
So werden wir morgen mehr sein und am Samstag, um 14.00 Uhr an der
Hauptwache in Frankfurt/M. ganz viele.