Danksagung von Dr. Yavuz Özoguz zu den Ereignissen der letzten Woche
(21.10.2005)
Im Namen des Erhabenen
Sehr geehrte Leser des Muslim-Markt, liebe Freunde, verehrte
Geschwister im Islam,
der Friede Gottes sei mit Ihnen allen.
Ich weiß, dass alle Leser seit Tagen geduldig auf meine persönliche
Reaktion zu den aktuellen Ereignissen warten, und ich entschuldige mich
im Voraus, dass ich Sie so lange habe warten lassen. Es war mir vorher
nicht möglich Ihnen zu schreiben. Nachdem die ARD-Sendung "Report Mainz"
am letzten Montag einen aus meiner Sicht gut durchdachten und exzellent
ausgeführten Rufmord an meiner Person ausgeübt hat, waren meine Familie
und ich dermaßen eingebunden in die Schadensabwehr, dass der
Muslim-Markt nur noch in einer Art "Notbetrieb" aufrecht erhalten wurde.
Bereits in der Nacht zum Dienstag unmittelbar nach der Ausstrahlung
im ARD stand für mich fest, dass ich den Schaden für die Universität
Bremen als meinen Arbeitgeber, in diesem Fall nur noch durch eine
kurzfristige Kündigung vermindern kann. Die Universität Bremen hat mich
16 Jahre lang mehr als fair behandelt, und es war ein Gebot des
Anstandes, dass ich jetzt so schnell wie nur irgend möglich mich für
diese Fairness bedanke. Bedauerlicherweise befand sich mein direkter
Vorgesetzter im wohl verdienten Erholungsurlaub (dem ich ihm durchweg
vermiest haben dürfte), und der Rektor einer solch großen Universität
hat einen extrem vollen Terminkalender, so dass ich erst am Donnerstag
einen Termin erhalten konnte. Nach dem wahrgenommenen Termin habe ich
von mir aus gekündigt, und hoffe nunmehr, weiteren Schaden von der
Universität und dem Institut abwenden zu können.
Auch im privaten Bereich war das gesamte Muslim-Markt-Team fast
völlig lahm gelegt. Hunderte von Mails aus allen Richtungen, darunter
detaillierte Schilderungen, was man mit meiner Frau und meinen Kindern
vor meinen Augen alles machen wolle, mehrere unaufhörlich klingende
Telefone, Journalisten, die zu Besuch kamen, und vieles andere mehr
haben unsere Zeit sehr beansprucht.
Jetzt aber, so hoffe ich, wird wieder ein wenig mehr Besonnenheit
einkehren, so dass wir uns in aller Liebe auf die bevorstehenden
heiligen Nächte am Ende des Monats Ramadan vorbereiten können. Daher
empfinde ich es an der Zeit, mich im Namen des gesamten
Muslim-Markt-Teams, aber insbesondere auch in meinem eigenen Namen bei
so vielen Menschen zu bedanken und mich bei denen zu entschuldigen, die
ich verletzt habe. Alle Dankbar gebührt dem Herrn der Welten, und er ist
es, der uns dazu auffordert, sich in Seinem Namen bei denen zu bedanken,
die jenen beistehen, die der Hilfe bedürfen.
Ich danke von ganzem Herzen den unzähligen Glaubensgeschwistern wie
auch Christen, Juden und solchen, die glauben Atheist zu sein, die sich
dieser Tage so sehr für mich öffentlich oder im Hintergrund eingesetzt
haben, die Trost gespendet haben, und den vielen, die für uns gebetet
haben! Die Ereignisse waren wie ein Miniaturspiegelbild der erwarteten
Erlösung, wie sie in den islamischen Prophezeiungen beschrieben steht.
Ausdrücklich bedanken möchte ich mich an dieser Stelle bei Thomas
Immanuel Steinberg, dessen Großeltern im KZ Auschwitz ermordet wurden
und den israelischem Friedensaktivisten Shraga Elam. Während Ersterer
sich in seinen eigenen Publikationen zum Fall extrem weit hervorgewagt
hat, und dadurch sicherlich hinreichend Zorn auf sich selbst gezogen
haben dürfte, hat der Zweite mir Gebete des Judentums erläutert, die von
Sensationsjournalisten viel übler misinterpretiert werden könnten,
obwohl sie ebenfalls nur jenseitig gemeint sind. Ich habe sie nur
deshalb nie erwähnt, weil ich einen Missbrauch jener Gebete gegen das
Judentum verhindern will. Ich weiß, dass beide Genannten die namentliche
Erwähnung in dieser Danksagung unbeschadet überstehen werden, so dass es
mir ein Herzenswunsch ist, sie zu nennen.
Genau so bedanken möchte ich mich bei einem katholischen
Chefredakteur einer deutschen Zeitschrift, der durch seine intensiven
Recherchen und das zur Verfügung gestellt Material versucht hat, mir
beizustehen und meiner Familie persönlichen Trost gespendet hat, sowie
einem protestantischen Arbeitskollegen, der mir tagtäglich seine direkte
Anteilnahme unmissverständlich verdeutlicht hat. Beide haben meine
Familie und mich in ihre Gebete eingeschlossen, und ich erwähne sie nur
deshalb nicht namentlich, um sie und ihre Familien zu schützen, obwohl
es mir ein Herzenswunsch wäre, sie zu erwähnen.
Daneben gab es unzählige Versender von Newslettern und weitere
Betreiber, von teilweise sehr bekannten Internetseiten, die ich
teilweise gar nicht oder kaum kenne, die sich für uns eingesetzt haben,
indem sie auf geeignete Artikel verwiesen oder eigene Texte versendet
und publiziert haben. Ihnen allen sei Dank.
Ich nutze die Gelegenheit, um mich bei einem Islamischen Dachverband
zu entschuldigen, der sich möglicherweise durch die Berichterstattung
gekränkt sah: Der Muslim-Markt hat niemals behauptet, die größte oder
meistbesuchte deutschsprachige muslimische Internetseite zu sein und
wird dieses auch niemals tun! Es ist ausschließlich dem
Sensationsjournalismus zu verdanken, dass sie ihre eigenen Meldungen
über den Muslim-Markt dadurch versuchen aufzuwerten, indem sie ihm eine
übertriebene Bedeutung zumessen.
Ich bedanke mich bei allen Muslimen, die trotz intensiver Aufrufe in
der Presse, sich vom Muslim-Markt zu distanzieren, sich nicht haben
einschüchtern lassen und uns ihre Solidarität bekundet haben.
Ich bedanke mich beim Bundeskriminalamt (BKA), dass offensichtlich in
einer unglaublich kurzen Zeit ein Gutachten erstellt hat, dass zu meiner
Entlastung führt, was sicherlich nicht selbstverständlich ist. Ich
entschuldige mich bei den beteiligten Staatsanwaltschaften, dass ihnen
durch mich unnötig zusätzliche Arbeit entstanden ist. Ich danke meiner
Anwältin und meinem Anwalt für die sachkompetente Beratung und
Unterstützung.
Ausdrücklich und intensiv bedanke ich mich bei der Universität Bremen
für das entgegengebrachte Vertrauen in 16 Jahren und die
wissenschaftlichen und fachlichen Möglichkeiten, die mir hier geboten
wurden. Mein Dank gilt zuallererst Prof. Dr.-Ing. habil. Räbiger, dem
Leiter des Instituts für Umweltverfahrenstechnik, für die herausragende
Menschlichkeit in schwierigen persönlichen Zeiten, sowie dem Rektorat,
der Pressestelle und der Rechtsstelle, die mich allesamt zu jeder Zeit
sehr fair behandelt haben, sowie jenen Kollegen, deren Zweifel an mir
dieser Tage nicht zu groß geworden sind. Bei denjenigen, die sich dem
äußeren Druck nicht entziehen konnten, entschuldige ich mich für den
Ärger, den ich ihnen bereitet habe.
Ich bedanke mich recht herzlich bei all den Nachbarn, die in solchen
Krisenzeiten immer wieder ihr wahres Gesicht der gutnachbarlichen und
warnherzig freundschaftlichen Beziehung zeigen und sich nicht scheuen,
Solidarität zu bekunden.
Mein großer Dank gilt den unzähligen Glaubensgeschwistern von jung
bis als, die sich dieser Tage und Nächte so intensiv für uns eingesetzt
und für uns gebetet haben. Ich schäme mich dafür, ihnen diesen Einsatz
niemals vergelten zu können. Ich weiß aber, dass Sie es um Gottes Willen
getan haben und Er der beste Vergelter ist! Darunter sind so gutherzige
Menschen, die ich als meine Vorbilder betrachte, und so viele
Jungendliche, die mit ihren so jungen fastenden Herzen so viel Nähe
gezeigt haben. Darunter sind sehr neue Muslime, für die solche
Ereignisse eine zusätzliche Belastung darstellen, die sie so meisterlich
bewältigt haben und so viele andere mehr.
Mein abschließender Dank gilt meiner gesamten Familie, die dieser
Tage in einer unglaublich aufopferungsvollen Art und Weise mich in jeder
Hinsicht unterstützt und nach besten Möglichkeiten entlastet haben.
Insbesondere danke ich meinen Eltern die mir in hohem Alter und trotzt
Meinungsunterschieden in Detailfragen von Religion und Politik
uneingeschränkte Unterstützung gewährt haben und auch in einer
möglicherweise schwierigeren Zukunft immer zu mir stehen wollen. Und
ebenfalls intensiv danke ich meiner lieben Ehefrau, die mir dieser Tage
in jeder Hinsicht eine sehr große Stütze war, meinem Bruder für seinen
bis an die Grenzen der Belastbarkeit gehenden Einsatz und ebenfalls
meiner Schwägerin für die so liebe Hilfe, allen Kindern und Jugendlichen
des Hauses für ihre immense Unterstützung je nach Alter. Die gemeinsamen
Gebete dieser Tage waren intensiver und schöner als je zuvor.
Ich weiß, dass ich noch viele unerwähnt gelassen habe, sei es aus
meiner Vergesslichkeit oder sei es, weil ich von Ihrem Einsatz noch gar
nicht gehört habe; bei allen bedanke ich mich für ihre Unterstützung von
ganzem Herzen.
Ich bete zum Allmächtigen und zur Quelle aller Liebe, dem
Barmherzigsten aller Barmherzigkeit, dass er Sie alle aus Seiner
unerschöpflichen Quelle der Liebe reichlich lohnen möge und mir vergebe,
dass ich Ihnen meinen Dank nur in dieser einfachen unpersönlichen Form
zukommen lassen kann.
All denjenigen, die sich jetzt um meine Zukunft sorgen und
nachfragen, was ich denn nach einer geordneten Übergabe aller meiner
Arbeiten beruflich tun werde, kann ich derzeit noch keine konkreten
Pläne nennen, denn in solch kurzer Zeit kann keine neue Lebensplanung
nach einem 16-jährigen Lebensabschnitt aufgestellt werden. Aber wir alle
seien daran erinnert: Warum sollte der Allmächtige, der mich 46 Jahre
lang mehr als reichhaltig und in jeder Hinsicht so enorm großzügig
versorgt hat, mich nicht auch weiterhin versorgen?
Gottes Frieden und Segen sei mit Ihnen allen ich wünsche Ihnen von
ganzem Herzen einen gesegneten Verlauf der heiligsten Zeit in diesem
heiligen Monat.
Ihr Dr. Yavuz Özoguz