Im Namen des Erhabenen  
  Interview mit Pfarrer Breitenbach
 

Muslim-Markt interviewt 
Pfarrer Roland Breitenbach, Autor des Buches "Jesus wäre heute ein Palästinenser"

13.12.2006

Roland Breitenbach ist 1935 in Chemnitz geboren. Seine Eltern stammen aus dem bayerischen Untermain. Er selbst ist in Aschaffenburg aufgewachsen und bestand dort 1957 sein Abitur, worauf ein Theologiestudium in Würzburg folgte. 1963 wurde er ebenfalls in Würzburg zum Priester geweiht.

Es folgte eine erste Kaplanstelle in dem Winzerort Retzstadt, die durch Bad Kissingen abgelöst wurde. Dort gehörte neben viel Schule und Jugendarbeit auch ein Teil der Kurseelsorge zum Aufgabenbereich. Seit 1968 ist er in Schweinfurt sesshaft. Zunächst war er fünf Jahre Religionslehrer an einem Gymnasium und hatte ein kurzes Gastspiel als Stadtrat; 1974 folgte die Bestellung als Pfarrer von St. Michael. Zu seinen Aktivitäten gehört sein Engagement in "Die Brücke e.V", einem Verein, der sich um Menschen in Krisen kümmert und bei der "Lebensküche", einem weiteren sozialen Engagement. Seinem eigentlichen Berufswunsch als Journalist wird er zumindest teilweise als Autor einiger dutzend Bücher gerecht. Sein jüngstes Buch trägt den Titel: "Jesus wäre heute ein Palästinenser". Sein erster kirchenkritischer Roman "Der kleine Bischof" ist bereits in der 17. Auflage erschienen.

Zu den Besonderheiten der Gemeinde gehören Motorradgottesdienste, jeweils am ersten Sonntag im Mai und am letzten Sonntag im Oktober. Oder der Ehe-TÜV, das jährliche Treffen der Paare, die ihre Partnerschaft überprüfen wollen.

MM: Sehr geehrter Herr Pfarrer Breitenbach. Ihr neustes Buch trägt den Titel "Jesus wäre heute ein Palästinenser". Was macht sie da so sicher?

Pfarrer Breitenbach: Jesus stellte sich immer auf die Seite der Kleinen und Entrechteten. Im „Heiligen Land“ sind das für mich derzeit die Palästinenser. Zudem liegt der Geburtsort Jesu Bethlehem heute im Palästinenserland. Die Erfahrung der Sperrmauer hat mich zutiefst bedrückt: Mauern haben noch nie Probleme lösen können, weil sie Menschen trennen, statt sie zusammenzuführen. Wir Deutschen haben da schließlich unsere Erfahrungen.

MM: Wie geht es den Christen in Bethlehem?

Pfarrer Breitenbach: Muslime wissen, was es heißt Minderheit zu sein. Christen sind inzwischen in Bethlehem eine Minderheit. Wenn die Pilger im Zweistunden-Takt durch die Heiligtümer – und das möglichst schnell – geschleust werden, bleibt keine Zeit, um etwas einzukaufen oder in einem Restaurant zu essen. Bei meinem letzten Aufenthalt bin ich mit unserer Gruppe bewusst fünf Nächte hinter der Mauer geblieben, um auch Geld in der Stadt zu lassen.

Sind Sie Christin oder Muslima habe ich eine Frau in Bethlehem gefragt. Ihr Antwort: "Ich bin Palästinenserin!". Auch den Muslimen geht es in Bethlehem nicht viel besser; allerdings ist mein Eindruck, dass sie mehr Unterstützung bekommen.

In meinem Buch "Jesus wäre heute ein Palästinenser" habe ich geschrieben: "Wo sind die Zukunftsaussichten für Menschen, die keinen Staat, keine eigene Währung, keine Krankenversicherung, Altersversorgung oder Arbeit haben?"

MM: Neben Ihrem Engagement als Pfarrer und Autor sind sie in vielen sozialen Initiativen tätig. Wird ein 71-jähriger dabei nie müde?

Pfarrer Breitenbach: Im Gegenteil. Ich wache am frühen Morgen mit 99 Ideen auf und bedauere, dass es so schwierig ist, sie umzusetzen. Aber ich habe gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Gemeinde.

MM: Christen glauben an die Rückkehr Jesu. Muslime auch. Wäre es nicht an der Zeit die Gemeinsamkeiten zwischen gottesehrfürchtigen Menschen unterschiedlicher Religionen zu betonen anstelle der Unterschiede?

Pfarrer Breitenbach: Tun, was uns eint. Das ist einer meiner wichtigen Lebenssätze. Dafür gibt es – bei gutem Willen auf beiden Seiten – viele Möglichkeiten. In unserem Kindergarten gibt es muslimische Kinder; in unseren sozialen Projekten muslimische Mitarbeiter. Ich habe Muslime verheiratet, sogar beerdigt, wenn es keine andere Möglichkeit gab.

MM: Einer der heiligsten Wallfahrtorte der Katholiken trägt ausgerechnet den Namen der heiligsten Frau im Islam. Wäre es nicht eine Idee eine Maria-Fatima Initiative ins Leben zu rufen, um das Miteinander von Christen und Muslimen in Deutschland zu stärken? Nebenbei gefragt, waren Sie schon einmal in Fatima?

Pfarrer Breitenbach: Fatima habe ich zweimal besucht. Ob es auf dem Weg über Mario-Fatima zu einer Annäherung der beiden Religionen kommen kann, bin ich nicht sicher.

MM: Erzählen sie uns doch von jenem Ort. Welche Stimmung herrscht dort?

Pfarrer Breitenbach: Der Ort hat eine spirituelle Dichte. Vielleicht liegt es daran, dass vor allem einfache Leute nach Fatima kommen und für den Weg dorthin große Strapazen auf sich nehmen. Die letzte Stunde bis zum Marienheiligtum geht es oft auf den Kniebn.

MM: Nun gab es in letzter Zeit einige Irritationen zwischen Muslimen und Christen. Während die Missverständnisse einer Vorlesung des Papstes von ihm selbst ausgeräumt wurden, verstehen Muslime derzeit nicht, warum Christen mit ihnen zusammen nicht einmal ein einfaches Tischgebet sprechen dürfen, wenn doch der Schöpfergott angerufen wird. Können Sie das erläutern?

Pfarrer Breitenbach: Mit gemeinsamen Gebeten habe ich keine Probleme. Ich selber spreche gerne die 1. Sure des Koran. Sie trifft auch meine christliche Überzeugung.

MM: Bekommen Sie da keinen Ärger mit der Kirche?

Pfarrer Breitenbach: Eine Kirche wäre schlecht beraten, wenn sie deswegen Ärger machen würde. Natürlich gibt es Tendenzen in dieser Richtung. Dagegen gilt es Widerstand um der Menschen willen zu leisten, die alle von dem einen Gott geliebt sind.

MM: Auch sonst scheinen Ihre Methoden nicht unbedingt konventioneller Art zu sein. Was ist denn unter einer Motorradmesse zu verstehen, und können die Leute nicht zumindest für die Messe absteigen?

Pfarrer Breitenbach: Die müssen sogar absteigen, denn für 6000 Teilnehmenden wie im letzten Frühjahr hätten wir sonst keinen Platz. Vor gut 25 Jahren, als wir mit den Motorradgottesdiensten angefangen haben, waren die Biker eine ausgegrenzte Gruppe. Wir haben sie in die Kirche zurück geholt. Inzwischen gibt es etliche solcher Angebote.

MM: Was sind Ihre Erfahrungen im Dialog mit Muslimen?

Pfarrer Breitenbach: Das private Gespräch ist immer gut. Kritisch wird es, wenn es offiziell wird. In einer öffentlichen Dialogrunde zwischen Muslimen und Christen in unserer Stadt wurde ich sogar als „(fast) Muslimen-Hasser“ bezeichnet, nur weil ich eine kritische Anfrage wegen der Gewalt und des Terrors angeblich "im Namen Gottes" gestellt hatte. Hier gibt es einen Nachholbedarf: Die klare Absage an alles, was mit Gewalt zu tun hat. Gewalt ist nicht im Geiste des Islam.

MM: Herr Pfarrer Breitenbach, wir danken für das Interview.

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