Im Namen des Erhabenen  
  Interview mit Thomas Kukovec
 

Muslim-Markt interviewt 
Thomas Kukovec, Greenpeace-Aktivist im Libanon

25.7.2006

Thomas Kukovec (Jahrgang 1980) ist 1980 in Granz geboren und absolvierte nach seiner Matura (österreichisches Abitur) eine Lehre als Elektromechaniker für Schwachstrom. Nach 2001 begann er sein Studium der Biologie an der Universität Graz und lernte auch Arabisch.

Er kam 2003 das erste mal in den Libanon, um für Greenpeace zu arbeiten. Seither liebt er das Land und kommt immer wieder dorthin um für NGOs tätig zu sein. Er arbeitet nebenbei als Journalist und baut ein kleines Flüchtlingsprojekt in Schatilla Refugee Camp mit auf! Während des Israelischen Überfalls auf den Libanon war Kukovec vorort.

Kukovec ist ledig und lebt in Lebnitz (Österreich).

MM: Sehr geehrter Herr Kukoves, sie waren Vorort, als das Bombardement des Libanon losging. Bitte schildern Sie uns ihr persönlichen Eindrücke.

Thomas Kokovec: Ich kam mit dem Damaskus-Beirut Taxi nach Beirut und schon von den Bergen sah man die Rauchsäulen. Ich musste mich vier mal übergeben. Ich war so nervös, aber ich musste einfach hin. Ich habe soo viele Freunde im Libanon. Was wäre ich für ein Freund, wenn ich sie im Stich lassen würde...? Außerdem ist meine Freundin Libanesen. Vielleicht meine zukünftige Frau...? Ich musste einfach hin. Wollte nicht im wohlstandsverwöhnten Österreich vorm Fernseher sitzen und sehen wie Israel mein Land zerstört. Wollte einfach nur helfen.

MM: Warum haben sie nicht sofort versucht zu fliehen?

Thomas Kokovec: Ich bin bewusst eingereist während schon alles losging. Ist nicht so, dass ich schon drin war - bin bewusst eingereist. Flüchten half ich mehreren Europäern aus dem Süden, die so unter Schock waren, dass ich quasi alles für sie tat. Brachte sie zur Botschaft, brachte eine schwangere 21-jährige deutsche ins American University Hospital, weil sie glaubte, ihr Kind verloren zu haben, weil Israelis ihr Dorf im Süden beschossen haben, bezahlte die Arztrechung und brachte sie in einer Kirche unter. Für mich gibt's keine Flucht. Entweder helfe ich hier meinen Freunden in der Flüchtlingshilfe oder ich sterbe hier, aber Freundschaft bedeutet mir was. Wo kämen wir hin, wenn wir "Menschen" nicht versuchten zusammenzuhalten und uns gegenseitig zu helfen...?

MM: Haben Sie denn keine Angst vor dem Sterben?

Thomas Kokovec: Witzig! Nein! Ich hab Todesangst nach und vor jeder Prüfung auf der Uni, weil mir mein universitärer Erfolg sehr wichtig ist, nachdem ich ohnehin schon lange genug studiere, aber hier hab ich keine Angst! Wundert mich selbst, ehrlich gesagt!

MM: In den westlichen Medien versucht man uns tagtäglich einzureden, dass die Libanesen eher sauer auf die eigene Hisbollah als auf Israel seien, ist das auch Ihr Eindruck?

Thomas Kokovec: Es gibt viele die mit der Hisbollah nicht einverstanden sind, ja sie sogar hassen, aber jetzt versucht jeder hinter der Hisbollah zu stehen, um Einheit zu demonstrieren, selbst die, die gegen Hisbollah sind. Israel hat dem Libanon schon so großes Leid angetan, das sich alle einig sind, jetzt zusammen zu halten. Sie lassen es nicht zu, das weder Syrien noch Israel das vereinte libanesische Volk spaltet. Einen neuer Bürgerkrieg zwischen Christen und Moslems ist unmöglich!

MM: Sieht man im Libanon einen Zusammenhang mit der Besatzung Palästinas?

Thomas Kokovec: Das ist alles eine gemeinsame Sache. Amerika und Israel sind die Feinde. Selbst die Christen die früher mit Israel zusammen gearbeitet haben, stehen jetzt hinter der Idee eines vereinten Libanon, gegen Syrien und gegen Israel, gegen jeden Aggressor von außen, der dieses Land wie eine Hure benutzt, um für seine Interessen zu kämpfen.

MM: Wie wird die Schweigsamkeit der westlichen Welt empfunden?

Thomas Kokovec: Trauer, Zorn, Wut... Man ist fassungslos. Krone, ORF, Kleine (Anmerkung: das sind Sender und Medien)... es ist einfach fassungslos. keine Worte! Alle haben sie meine Artikel verweigert!

MM: Was können NGOs in solch einer Situation machen?

Thomas Kokovec: 30000 Flüchtlingen in Beirut essen, Medizin, Kleidung usw. zu geben. Jeder Cent hilft!!!! Bitte helfen auch sie und nutzen sie nicht die Situation nur für ein interview - helfen auch sie!
Spendenkonto: Thomas Kukovec
gutenberstasse 2
8430 leibnitz (Österreich)
volksbank
Nr: 25689960000
blz: 44810
"fluechtlingshilfe lebanon"

MM: Bitte übersenden Sie uns doch Ihren Artikel, damit wir ihn im Anhang veröffentlichen können und die Leser sehen, was die Medien abgelehnt haben und haben Sie vielen Dank für das Interview.

Thomas Kokovec:  Mein Schreiben an die Kronen-Zeitung und an die Kleine Zeitung (beide Österreich): Keine Antwort bekommen!

(Anmerkung: Der Bricht stammt von der Anfangszeit des Krieges vor den großen Zerstörungen)

Liebe Redaktion!

Ich befinde mich derzeit in Beirut und muss ihnen sagen, dass alles nicht so wild ist wie sie es darstellen. Aufgrund ihrer Berichterstattung hat meine Familie in Österreich keine ruhige Minute. Bin mehr damit beschäftigt sie zu beruhigen, anstatt im Libanon mit meiner libanesischen Freundin die Situation abzuwarten und meiner Arbeit als freier Journalist nach zu gehen.

Ich war schon vier mal im Libanon und nun das fünfte mal - eingereist über Syrien. Selbst die Botschaftsangestellten haben mir versichert das es nicht notwendig ist, das Land zu verlassen. Ich weiß nicht was ihnen die Botschaft erzählt hat, aber zu mir waren sie freundlich und haben gesagt, in ruhiger und entspannter Atmosphäre, dass sie nur einen Bus nach Syrien organisiert haben, um grundsätzlich was anzubieten. Aber viele Ösis bleiben da! Die Botschaft evakuiert nicht! Es ist ein ganz normales Streetlife, keine Panischen Einkäufe, keine Flüchtlingswellen... Ein Tag, fast wie jeder andere.

Ich habe schon mehrmals versucht ihnen anzubieten über den Libanon zu schreiben, aber es wurde immer abgelehnt. Ich bin zwar kein Freund ihres Blattes, aber zumindest ist ihr Blatt meinungsbildend! Daher sollten sie nicht nur über die Toten im Süden berichten, und über Bomben und den Terror, sondern es zulassen ihr Spektrum etwas zu erweitern und einmal näher hinzusehen.

Wissen sie das viel Leute, wahrend des Bombardements in Bars waren und den Triumph der Hisbollah mit Bier begossen haben - und zwar nicht nur Schiiten und Moslems - Christen und Drusen - einfach alle!

Wussten sie das manche europäische Touristen ganz entspannt im Cafe de Pari in Hamra sitzen oder bei Starbucks?

Ich biete ihnen noch einmal an für die Krone ein Tagebuch meines Aufenthaltes im Libanon zu verfassen. Ich bin auch Fotojournalist (www.thomaskukovec.com) und schreibe unter anderem für das Magazin www.litera.at/international .

Wenn sie Interesse habe, gerne! Aber bitte hören sie auf mit ihren Berichten meine Familie und Freunde so zu beunruhigen und in unnötige Panik zu bringen. Beirut brennt nicht! Ich vergleiche das gerne mit 1991: In Lebnitz hat keiner mitbekommen, dass in Spielfeld Krieg war! Genau so ist es hier. Ein Stadtteil wird bombardiert (die Hisbollah Hochburg im Süden), aber Nordbeirut ist sicher wie eh und jeh.

Nichts für ungut, aber das muss auch einmal gesagt werden. Ich stehe ihnen gerne zur Verfügung!

Mit freundlichen Grüssen, Thomas Kukovec

 

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