Im Namen des Erhabenen  
  Interview mit G.A. Rusznak
 

Muslim-Markt interviewt
Günther Ahmed Rusznak, Präsident des Islamisches Informations- und Dokumentationszentrum Österreich (IIDZ)

27.10.2009

Günther Ahmed Rusznak ist 1947 in Traun Oberösterreich als Kind österreichischer Eltern geboren.

Der ursprünglich als erfolgreichen Verkaufsleiter für einen deutschen Großkonzern arbeitende Kaufmann hat 1994 eine Lebenswende hin zum Schriftsteller und Journalisten vollzogen. In jene Zeit fiel auch seine intensivere Auseinandersetzung mit dem Islam, den er 1995 offiziell angenommen hat. Es folgte eine umfangreiches Studium des Islam, teils autodidaktisch, größtenteils aber mit und durch erfahrene muslimische Persönlichkeiten. Dank seiner umfangreichen Vorbildung im Lebensmittelbereich hat er ab dem Jahr 2000 mit der Halal - Beratung von muslimischen Endverbrauchern, aber auch für Gewerbe und Industrie in Österreich begonnen. 2005 wurde er Generalsekretär beim "Islamischen Informations- und Dokumentationszentrum Österreich" (IIDZ–Austria). Seit 2007 ist er Vorsitzender bei der Erarbeitung der Halal-Norm 142000 gemeinsam mit dem Austrian Standards Institute (Die Norm trat mit 1.3.2009 in Kraft). 2009 wurde er Präsident des "Islamischen Informations- und Dokumentationszentrum Österreich" und eine seiner vielfältigen Tätigkeiten in diesem Rahmen ist z.Z. die Erstellung eines "Islamic Banking Standards", ebenfalls wieder unter seinem Vorsitz gemeinsam mit dem Austrian Standards Institute.

Günther Ahmed Rusznak ist seit 36 Jahren verheiratet, hat eine Tochter und lebt in Linz.

MM: Sehr geehrter Bruder im Islam Ahmed Rusznak, in nunmehr 14 Jahren Leben als Muslim dürfte die wohl am häufigsten gestellte Frage an Sie die sein, warum sie Muslim geworden sind. Leider können auch wir Ihnen diese Frage nicht ersparen.

Rusznak: Ja, ich muss Ihnen Recht geben. Es ist die am häufigsten gestellte Frage in meinem Leben geworden. Also nach einem Jahrzehnte langem dahinleben ohne Gott, hat sich in mir ganz langsam die Frage nach dem Sinn des ganzen Daseins gestellt. Es fehlte ganz einfach etwas. Mir war lange nicht bewusst was das sein könnte und gerade in dieser Zeit lerne ich Muslime kennen, die mir von Allah, seinem Gesandten und vieles andere mehr erzählen. Erst einmal ein orientalisches Märchen für mich, dann aber ... Ich kann es bis heute nicht erklären, aber irgendwie habe ich mich zu interessieren begonnen, habe Fragen gestellt, habe mich informiert und, und, und. Das ist eigentlich die ganze Geschichte, nichts abenteuerliches, eigentlich nichts besonderes und doch für mein Leben, das größte und beste überhaupt, Dank der Gnade Allahs.

MM: Wie haben Ihre Verwandten und Bekannten Ihr neues Bekenntnis aufgenommen?

Rusznak: Einige wenige haben mich für verrückt erklärt, die meisten haben meinen Schritt aber akzeptiert. Heute ist mein Glauben und meine Lebenseinstellung in den meisten Fällen kein Thema mehr.

MM: Heute arbeiten Sie für das "Islamischen Informations- und Dokumentationszentrum Österreich". Was ist das für eine Institution und wie wird sie finanziert?

Rusznak: Das IIDZ – Austria ist ein gemeinnütziger Verein, der als Ansprechpartner für Muslime in allen Lebensbereichen dient. Integration, Menschen- und Frauenrechte sind uns ein gewichtiges Anliegen. Unsere Einnahmen aus Spenden, Förderungen, Mitgliedsbeiträgen und der Halal Zertifizierung gehen zu 100 Prozent in diese Aktivitäten. Alle Mitarbeiter des IIDZ – Austria arbeiten ehrenamtlich.

MM: Ein wichtiges Anliegen dabei ist es, das Angebot an Halal-Produkten für die zunehmende Zahl an Muslimen in Österreich zu erhöhen. Wie schaffen Sie hierbei eine möglichst breite Akzeptanz unter Muslimen?

Rusznak: Nach der Vorstellung der ersten vom IIDZ – Austria zertifizierten Produkte, hat es eine Flut von Anfragen gegeben. Ein gewisses Misstrauen war zu spüren. Mit der Beantwortung dieser Anfragen, mit Aussendungen, öffentlichen Stellungnahmen, mit einer eigenen Website und natürlich mit der Akkreditierung unserer Organisation in den Vereinigten Arabischen Emiraten, in Singapur, in Malaysia und in der Türkei haben wir ein solides Grundvertrauen in unsere Arbeit erreichen können. Die von uns ausgearbeitete Halal Norm ONR 142000 hat dann auch die letzten Zweifler überzeugt und unseren guten Ruf als Halal-Zertifizierer bestätigt.

MM: Aktuell arbeiten Sie an einem Projekt bezüglich "Islamic Banking". Was ist darunter für Österreich zu verstehen?

Rusznak: Eigentlich ist dieses Projekt nicht auf Österreich begrenzt. Aber natürlich werden wir vorerst hier im Land unsere Schwerpunkte setzen. „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein!“ könnte man bei diesem Projekt beginnen. Neben der Ernährung gibt und gab es die größten Unsicherheiten im ganz alltäglichen Umgang mit Geld. Was ist halal, was ist haram? Und hier möchten wir auch mit einer Islamic Banking Norm Klarheit schaffen. Die Banken sollen und müssen auf die wachsende Nachfrage nach islamisch korrekten Produkten reagieren. Sie wollen das auch, nur das „Wie“ war bisher die Hürde. Zum Wohle unserer Brüder und Schwestern im Islam, versuchen wir, gemeinsam mit islamischen Autoritäten, Bankfachleuten und mit dem Austrian Standards Institute, Richtlinien zu erarbeiten. InschAllah!

MM: Könnte solche ein Engagement nicht auch langfristig Alternativen zu dem zinsbelasteten kapitalistischen System aufzeigen, das systembedingt so viele Probleme verursacht?

Rusznak: Ganz sicher sogar. Wenn wir uns die derzeitige Wirtschaftskrise anschauen, muss uns das klar sein. Hemmungslose Gier, Spekulation mit nichtexistenten Dingen und Waren, Zinsspiralen und noch vieles mehr. Das System hat klar seine Schwächen und Grenzen aufgezeigt.

MM: Kommen wir zurück zu Ihren Erfahrungen als österreichischer Muslim. Sie sind ja Muslim geworden, bevor es Begriffe wie Islamophobie gab. Wie gehen Sie mit den veränderten Rahmenbedingungen für konvertierte Muslime um?

Rusznak: Ich bin nicht glücklich mit dem Ausdruck "Islamophobie". In erster Linie werden die Menschen, also die Muslime misstrauisch "beäugt". Und daher ist eine ausgeprägte, muslimische Vorbildfunktion eine der wichtigsten Voraussetzungen für ein einwandfreies Zusammenleben. Und hier gibt es noch eine Menge an Nachholbedarf. Daran müssen wir arbeiten, vielleicht sogar um einiges härter als andere. Erst wenn wir das geschafft haben wird der Glauben, also unser Islam, nicht mehr in unsinnige Debatten einfließen. Nehmen wir die Sure 109:6 des gnadenreichen Koran als Grundlage: „Euch euer Glaube und mir mein Glaube“. So soll und muss es sein.

MM: Sie reisen auch viel nach Deutschland. Gibt es einen für Sie spürbaren Unterschied zwischen dem muslimischen Dasein in Deutschland und Österreich?

Rusznak: Prinzipiell nicht. Die Probleme aber auch die Möglichkeiten sind identisch.

MM: Was empfehlen Sie heute Menschen, die zwar von der Faszination des Islam angezogen werden aber Angst haben, von der Gesellschaft abgelehnt zu werden?

Rusznak: Einfach nicht beirren lassen und den Glauben nicht als Schutzschild vor sich hertragen. Nur in unseren Herzen hat der Islam Platz und wenn er dort fest verankert ist, kann keine Macht der Welt uns beirren.

MM: Sehr geehrter Bruder im Islam Ahmed Rusznak, wir danken für das Interview.

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